VON DER ANGST INS VERTRAUEN

Wir leben in triggernden Zeiten. Für die meisten von uns hat es mit der Pandemie angefangen: ein unstetes Gefühl, das langsam aber sicher die tief verankerte Sicherheit ins Wanken brachte - den Glauben, dass schon irgendwie alles gut kommen würde. Den Glauben, dass die Welt insgesamt zwar nicht fair und weit weg von perfekt ist, aber doch auf einem Weg, der schliesslich an einen guten Ort führen wird.

Die Pandemie machte Risse in der Gesellschaft sichtbar, von denen viele nicht geglaubt oder gehofft hätten, dass sie so gravierend sind. Und dann kam Russland und brachte den Krieg nach Europa zurück - was für viele zuvor undenkbar war. Und dann der Genozid in Gaza, der viele von uns vor die Frage stellte, ob wir im Westen eigentlich so ethisch sind, wie wir uns gerne sehen. Und dann ein zweites Mal Trump - was für viele das letzte Stück Vertrauen in die Menschheit erschüttert hat.

Unbewusste Reaktionsmuster

Wir reagieren alle unterschiedlich auf den Verlust von Sicherheit. Wir ziehen uns zurück, fühlen uns gelähmt oder genau das Gegenteil - gehen in Aktion, werden überaktiv. Nicht selten wechseln sich diese beiden Zustände auch ab.

Oft laufen solche Reaktionsmuster unbewusst ab. Denn wenn die tiefsten Existenzängste getriggert werden, läuft unsere Reaktion darauf so komplett automatisiert ab, dass wir es bewusst gar nicht wahrnehmen. Deshalb ist hier ein erster wertvoller Ansatzpunkt: die Trigger und die Reaktionsmuster bewusst wahrnehmen.

Fragen die dabei helfen

Bist du über die letzten Jahre unruhiger geworden? Gönnst du dir weniger Pausen? Hast du vielleicht Angst, die Kontrolle zu verlieren, wenn du nicht jeden Augenblick alles festhältst?

Fühlst du dich öfters gelähmt? Hast du dich insgesamt eher zurückgezogen? Fühlst du dich öfters alleine, ängstlich und ausgeliefert?

Es braucht Mut, sich diesen Fragen zu stellen und ganz aufmerksam hinzusehen und hinzufühlen, wie es einem eigentlich geht. Wir haben Angst vor negativen Veränderungen und versuchen deshalb oft, unangenehme Umstände und Zustände erst zu ignorieren.

Doch hinsehen ist der erste wichtige Schritt!

Ruhe finden & Kontakt zulassen

Ein nächster Schritt ist, ruhig zu werden mit dem, was ist. Der Versuch, alles Unangenehme sofort zu verändern und zu verdrängen, ist gesellschaftlich so tief verankert, dass sogar grosse Teile der therapeutischen Fachrichtungen darauf ausgerichtet sind. Doch damit bleibt einer der wichtigsten Faktoren für nachhaltige Aufarbeitung auf der Strecke: Kontakt!

Wenn du entdeckst, dass die aktuelle Weltsituation tatsächlich tiefe Existenzängste in dir triggert - dass du mit Rückzug und Lähmung oder mit Überaktivität reagierst und dass es dir eigentlich gar nicht so gut geht - dann darfst du das ganz an dich heranlassen! Es ist okay, die Unruhe, die Spannung und die Angst zu spüren, unter der man leidet. Das zu spüren heisst nicht, dass das Nervensystem nicht richtig reguliert wäre oder dass man positiver denken müsste! Es heisst, dass man einfach mal bereit ist, den Stein im Schuh wirklich zu spüren, der einem unbewusst schon die ganze scheiss Wanderung drückt.

Mit diesem Schritt - der Bereitschaft, mit dem unangenehmen Zustand in bewussten Kontakt zu kommen - tun sich praktisch alle Menschen am schwersten. Das heisst, du darfst geduldig mit dir sein und viel Verständnis für dich haben, wenn du merkst, dass du sehr viel dafür tust, um dem auszuweichen. Es heisst aber auch, dass du einen Schritt gehst, an dem sehr viele scheitern, wenn du wirklich bereit wirst, mit deinen unangenehmen Gefühlen und Zuständen in Kontakt zu kommen.

Verarbeitung - der Weg ins Vertrauen

Und wohin führt der Kontakt damit? Er führt zu echter Verarbeitung, denn du kannst nichts verarbeiten, was du nie an dich ranlässt. Kontakt mit der Angst ist der Weg ins Vertrauen.

Das heisst, dass du den Widerstand gegen unangenehme Umstände, Gefühle und Zustände loslassen darfst. Dass du erkennen darfst, dass der Kontakt zwar unangenehm ist, aber konstruktiv! Du verarbeitest, was du berührst. Und wenn das Leben dich dazu einlädt, deine tiefen Existenzängste zu berühren, dann lohnt es sich sehr, diese Einladung anzunehmen.

Das Vertrauen, welches dadurch wächst, ist Urvertrauen. Und glaube uns, es gibt nichts Schöneres, als immer mehr von diesem Urvertrauen in sich zugänglich zu haben. Und je mehr du verstehst, dass der Weg zum Urvertrauen durch den Kontakt mit den Urängsten führt, umso mehr richtest du dein Leben darauf aus, diesen Kontakt zuzulassen.

Zurück
Zurück

VERTRAUEN INS LEBEN FINDEN

Weiter
Weiter

GROSSE ENTTÄUSCHUNG