EIN GROSSES MISSVERSTÄNDNIS

Wie oft war der Satz „Dann hätte es nicht sein sollen“ das Ende deiner Bemühungen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen?

Die Vorstellung, dass man auf dem falschen Weg ist, wenn man auf Widerstände trifft, ist weit verbreitet. Wenn man wirklich seinem Herzen und seiner Bestimmung folgt, dann wird es nicht kompliziert, chaotisch und anstrengend, sondern immer nur noch leicht, fliessend und mühelos, oder?

Nicht ganz. Seinem Herzen zu folgen und das zu tun, was man wirklich möchte, bedeutet fast immer, dass man mit grossen Widerständen rechnen muss – und mit viel Chaos und Unklarheit.

Der Weg des geringsten Widerstandes

Der Weg des geringsten Widerstandes ist oft nicht der Weg des Herzens, sondern der Weg, der uns von aussen vorgegeben ist – der Weg, von dem wir glauben, dass er richtig sei, weil er von anderen akzeptiert oder von uns selbst erwartet wird. Vorgetretene Pfade zu gehen, ist immer leichter, als neue zu bahnen.

Unsere ganze gesellschaftliche Struktur ist nicht darauf ausgelegt, dass sich jeder Mensch erst mal selbst findet und dann kreativ damit wird, seine individuellen Fähigkeiten in die Welt zu schenken. Sie ist darauf ausgerichtet, dass man einem vorgegebenen Weg folgt – durch und durch.

Jede Person, die spürt, dass etwas anderes in ihr schlummert – etwas Einzigartiges, wofür es keine vorgegebenen Wege gibt –, muss sich deshalb gewissermassen gegen die Fliessrichtung der Gesellschaft stemmen.

Wenn das Umfeld nicht mitzieht

Das führt zu Unverständnis und Ängsten im engeren Umfeld. Familie, Lebenspartner und Freund*innen unterstützen einen oft nicht dabei, die Sicherheit der vorgegebenen Strukturen zu verlassen.

Und – entgegen der Erwartung vieler Menschen, die sich auf den Weg des Herzens begeben – hat die Welt nicht unbedingt auf dich gewartet. Die Welt braucht dich zwar ganz dringend als den individuellen Menschen, der du bist. Sie braucht dich mit deinen Herzensprojekten, aber das heisst nicht, dass du sofort in dem erkannt wirst, was du zu geben hast.

Es kann sogar sein, dass du belächelt oder angegriffen wirst, als Träumer*in hingestellt wirst und merkst, dass viele einfach (noch) nicht so weit sind, sich für echte Veränderung zu öffnen. Und das ist vielleicht der wichtigste Punkt.

Dem Herzen zu folgen bedeutet, innezuhalten, ruhig zu werden und sich selbst in seiner ganzen Tiefe zu entdecken. Es bedeutet, seine tiefsten Wünsche, Bedürfnisse und Fähigkeiten kennenzulernen und diese in die Welt zu bringen. Das heisst, dass du neue Wege gehst, anstatt weiter den alten zu folgen. Dass du etwas echtes und rohes in die Welt bringst, etwas was wirklich berührt und verändert.

Das ist für Menschen in deiner Umgebung anstrengend. Denn es zwingt sie auch dazu, anzuerkennen, dass die Art zu leben, der sie oft weiter blind folgen, weil sie denken, dass es ja keine Alternative gibt, eben gar nicht alternativlos ist. Und anstatt ihre eigenen Glaubenssätze zu hinterfragen, hinterfragen sie lieber dich.

Innere Widerstände

Bisher haben wir darüber gesprochen, warum du im Aussen mit Widerstand rechnen darfst, wenn du deinem Herzen folgst. Aber wie sieht es im Innern aus? Ist hier vielleicht alles nur noch Flow, Klarheit und Leichtigkeit, sobald du wirklich deinem Herzen folgst?

Leider nein. Tatsächlich bringt dich nichts anderes so sehr in Kontakt mit deinen noch ungelösten Themen. Ein Leben zu führen, in dem du die Erwartungen anderer erfüllst, schützt dich zu einem grossen Teil auch vor dem Kontakt mit Themen wie Wertlosigkeit, Ablehnung und Scham. Und auch Verletzungen im Urvertrauen lassen sich ein gutes Stück weit durch Anpassung kompensieren.

Wenn du aber damit beginnst, Dinge zu tun, die dir wirklich entsprechen und die aus deinen tiefsten Bedürfnissen und Wünschen motiviert sind, fühlst du dich deinen schwierigen Gefühlen plötzlich viel stärker ausgesetzt.

Existenzängste kommen hoch (fehlendes Urvertrauen), auch fehlendes Vertrauen in dich und in deine Fähigkeiten, Scham ist hier, und die Frage, ob du wirklich so viel Wert bist, dass du tun darfst, was du wirklich willst, nagt an dir. Diese Gefühle kommen meist nicht geordnet und in Klarheit, sondern chaotisch und nicht selten auch überwältigend.

Der Satz „Dann hätte es nicht sein sollen“, wird deshalb auch ganz oft zur Ausrede genutzt, um nicht mit diesen Gefühlen in Kontakt kommen zu müssen.

Der Weg durch den Widerstand

Dem Herzen zu folgen und ein Leben zu führen, das sich danach ausrichtet, seiner Bestimmung zu folgen, ist alles andere als reibungslos. Es bedeutet viel Arbeit – und nicht selten braucht es Jahre, um langsam im neuen, herz­basierten Leben Fuss zu fassen.

Allerdings lohnt sich nichts so sehr wie das. Dass man dafür durch innere und äussere Widerstände gehen muss, macht den Weg nur erfüllender. Denn diese Widerstände sind keine nutzlosen Steine, die dir im Weg liegen – die Widerstände sind der Weg! Im Widerstand, den dir die Welt bietet, veränderst du die Welt. Und im Kontakt mit den inneren Widerständen, den noch ungelösten Themen und nicht integrierten Gefühlen, wächst und veränderst du dich wahrhaftig als Mensch.

Deshalb darfst du den Leitsatz „Dann hätte es wohl nicht sein sollen“ austauschen mit: „Dann werde ich an diesem Widerstand wachsen.“
Wir wünschen dir ganz viel Freude dabei.

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